Sonntag, 10. März 2024

.leevlütte | leseprobe

Charlie und der Wolf {Grimms Mädchen}

Manchmal wünsche ich mir, mein Leben wäre mit Hintergrundmusik unterlegt. Dann wüsste ich wenigstens gleich, in welchem Schlamassel ich gerade stecke. (Charleen ‚Charlie‘ Liebkind)

Als Claus ihr nach dreißig Jahren Beziehung mit den Worten „Tut mir leid, min Seuten. Aber du passt einfach nicht mehr in mein Leben“ die Koffer vor die Bremerhavener Tür stellt, ergreift Charlie die Chance auf einen Neuanfang und zieht als selbständige Tagesmutter in die Villa ihrer verstorbenen Tante im südhessischen Darmstadt.

Noch bevor sie den ersten Schritt in ihr neues Leben macht, stolpert sie in die Arme von Elias – witzig, charmant, aufmerksam und fünfzehn Jahre jünger als Charlie. Doch – so what? Sie wird ihn ohnehin nach dieser Nacht nie wieder sehen. Denkt sie...

Die sportliche Charlie trifft in der Fortsetzung des Romans SCHEESCHNITTCHEN (2015) auf bereits bekannte und liebgewonnene Charaktere, wie die Geschwister Gregor und Greta sowie das Vater-Sohn-Gespann Joe und Elias und die frischgebackenen Eltern Alex und Nina mit Josephine. Und viele mehr.

Und weitab ihrer Heimat begegnet Charlie endlich dem Einen...

Wolf, der [vɔlf] Substantiv, maskulin

(auch als Krafttier bekannt, verfügt über einen starken Familiensinn, sodass er sein Territorium und seine Familie ohne Kompromisse schützt, sich aber nicht als Raufbold präsentiert und unnötigen Kämpfen aus dem Weg geht. Kommt es zum Streit mit Artgenossen, reicht meist ein Blick oder eine Geste, um Differenzen beizulegen.)

Das Leben ist nicht immer, wie es scheint.

Die Autorin beschränkt sich auch in dieser Geschichte nicht mehr nur auf die Erzählform aus Sicht der Protagonistin, sondern entführt ihre Leserinnen und Leser immer wieder in kleinen Etappen zu den Geschehnissen außerhalb ihres Wahrnehmungsbereichs.

Mittendrin in vielen Leben.

Leev, die [Leev] Substantiv, feminin
(bezeichnet im niederdeutschen Sprachraum die Liebe)


PROLOG


In einem Tattoostudio irgendwo in Südhessen...


Evan schüttelte den Kopf und seufzte nachsichtig. Ein derartiges Verhalten kannte er nur zu gut. Allerdings von seinen Oberstufenschülern und nicht unbedingt von einem gestandenen Mann Anfang fünfzig. Und das war Joseph Hunter.

„Hunter, wenn eine Frau Was? sagt“, deklamierte Evan, „dann nicht, weil sie es nicht gehört hat. Sie gibt dir nur die Chance, das Gesagte noch einmal zu überdenken. Und zu revidieren.“ Er blickte zu dem großflächig tätowierten Adonis hinüber, an dessen Nase ein schneeweißer Hundewelpe nagte. „Solltest du aber wissen.“

„Weiß ich“, log Joe und fügte abfällig hinzu: „Klugscheißer.“

Evan rollte unweigerlich mit den Augen und brummte: „Schon klar.“


Elias steckte das Smartphone weg, nachdem er die Nachricht seines Onkels Gregor gelesen hatte, und ließ sich entspannt auf dem Ledersofa nieder. „Mum hat geduscht und macht es sich gerade im Wohnzimmer bequem“, informierte er seinen Vater, Joe, und Evan, den besten Freund seiner Mutter. „Gregor wird jetzt mal versuchen, mit ihr zu reden.“

„Das ist so bescheuert“, murrte Joe und zupfte sich den Welpen von der Nase. „Ich weiß gar nicht, warum ich diesen Scheiß überhaupt mitmache.“ Er schob seine Hand unter den Bauch der zwölf Wochen alten Französischen Bulldogge und stand auf.

„Du machst es für Mum“, mahnte Elias mit hochgezogener Augenbraue.

 

Elias und Joe hatten erst vor wenigen Tagen – unter etwas ungünstigen Umständen – von ihrer Blutsverwandtschaft erfahren. Während Elias diese Tatsache ehrlich erfreut als gegeben hinnahm, warf es Joe ziemlich aus der Bahn, vor dreißig Jahren die kleine Schwester seines besten Freundes nicht nur entjungfert, sondern auch ein Kind mit ihr gezeugt zu haben. Dabei lieferte doch eigentlich schon die Ähnlichkeit – sowohl optisch als auch charakterlich – einen deutlichen Hinweis auf das Vater-Sohn-Verhältnis.

 

Die Bulldogge in der Handfläche sanft wiegend, tigerte Joe durch sein Tattoostudio. Seine Kiefer mahlten. Er hatte überhaupt keine andere Wahl, als sich auf den von Elias und Evan ersonnenen Plan einzulassen. Indem sein ältester und bester Freund Gregor vorgeblich die Pizzabestellung bei ihnen aufgab, signalisierte er grünes Licht für Joe. Als Lieferant würde er mit Gregors Hilfe und von Greta hoffentlich unbemerkt, in deren Wohnung schleichen und sich zunächst in Elias‘ Zimmer verstecken können. Zum richtigen Zeitpunkt würde er Lotti vorschicken. Der tapsige Welpe sollte als Weichmacher fungieren, bevor Joe schließlich zum klärenden und versöhnlichen Gespräch auf der Bildfläche erschien.

 

So war der Plan.

 

Und dafür hatten sich Elias und Evan auch ziemlich ins Zeug gelegt. Während Evan – ein ausgesprochener Diplomat – den vorübergehend ziemlich wütenden Gregor besänftigen und von ihrem Vorhaben überzeugen konnte, fuhr Elias schlappe sechshundert Kilometer hinauf in den Norden, um Lotti bei einer seriösen Züchterin abzuholen. Die Anschaffung eines Hundes war bereits länger geplant, die Umsetzung erfolgte zweckdienlich nun einfach früher. Er war zur rechten Zeit am rechten Ort.

 

„Kannst du dich nicht hinsetzen?“ Elias fläzte breitbeinig auf dem großen Ledersofa. „Wenn ich dir zuschaue, bekomme ich Drehschwindel.“

Joe schüttelte den Kopf und steuerte den Schrank mit dem Whisky an.

Evan war sofort alarmiert. „Was hast du vor?“

„Wonach sieht es denn aus? Ich möchte etwas trinken.“

Evan pfiff durch die Finger wie ein Kommandant. Typisch Lehrer. „Hier ist Wasser.“

„Ich habe Durst“, knurrte Joe daher. „Ich bin nicht dreckig.“

„Und was denkst du, wird Greta sagen, wenn du wieder mit einer Fahne vor ihr stehst?“, rief Evan ihm in Erinnerung.

„Es trifft sich gut, dass du schon betrunken bist“, ahmte Elias eine Frauenstimme nach. „Ich wollte gerade über Gefühle sprechen.“

Joe blies die Wangen auf und ließ die Luft dann hörbar entweichen. Dazu rollte er mit den Augen, um zu untermauern, wie genervt er inzwischen war.

Die kleine Bulldogge spitzte die Ohren und sah zu ihm auf.

„Lotti? Denkst du, was ich denke?“

Sie furzte ihm spontan auf die Hand.

„Ich sehe schon“, lachte Elias. „Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“

 

Lütte, die [ˈlʏtə] Substantiv, feminin
(bezeichnet im niederdeutschen Sprachraum ein kleines Kind)

 

In einer WG irgendwo im nördlichen Elbe-Weser-Dreieck...

 

„Ich wäre gern ein Löwe“, teilte Thore mit todernster Miene mit und rammte mir einen Keks in den Mund. „Bumsen, fressen, geile Frisur.“

Merrit tippte sich an die Schläfe. „Du hast sie echt nicht mehr alle.“ Dann wendete sie sich an mich. „Ich kann es immer noch nicht fassen.“

„Waff genau?“ Ich kam mit Kauen und Schlucken gar nicht so schnell hinterher wie Thore den Spekulatius nachschob.

Deshalb übernahm wohl auch er das Hinterfragen: „Dass Claus, ganz nebenbei bemerkt, der erste und einzige Mann, mit dem sie jemals sexuellen Kontakt hatte, Charlie nach dreißig Jahren Beziehung mal eben so mir nichts, dir nichts aus seinem Leben gestrichen hat? Oder dass sie seit gestern offiziell eine geschiedene Frau ist? Dass Charlie von Tante Margarethe neben ihrem nicht unbeträchtlichen Vermögen auch diese riesige Villa geerbt und daraufhin beschlossen hat, ihren Job im Hort zu kündigen, um zukünftig in Süddeutschland zu leben und als Tagesmutter zu arbeiten? Sechshundert Kilometer von ihren allerallerallerallerbesten Freunden entfernt, die sie nach der Trennung so herzlich und selbstlos bei sich aufgenommen haben?“

Ich verdrehte die Augen und erstickte bei dem Versuch, genervt zu stöhnen, beinahe an etwa achtundneunzig Keksen in meinem Mund.

„Ich meinte eigentlich“, murmelte Merrit, „dass du gestern tatsächlich mit diesem heißen Typen in der Kiste warst.“

„Ich?“

„Nein. Charlie.“

„Das... äh...“, gestand ich krächzend. „Das kann ich selbst auch... immer noch nicht fassen.“

„Welcher heiße Typ?“ Thore trat mir ungeduldig gegen das Schienbein, als ich nicht sofort antwortete. „Welcher heiße Tü-hüüüp?“

„Das glaubst du nicht“, japste Merrit und ihre Wangen glühten förmlich vor Mitteilungsdrang. „Der war höchstens Anfang zwanzig und sah aus wie...“

Ich legte meine Hand auf Merrits Mund und unterbrach ihren Redeschwall. „Ich habe gestern noch bei Tante Ida reingeschaut, nachdem Claus und ich diesen Rechtsmittelverzicht gegen den Scheidungsausspruch erklärt haben, um mich von ihr zu verabschieden. Am Nachmittag kamen die Käufer für die Welpen. Nur einer rief an und sagte, dass er sich verspäten würde. Also saßen wir so lange gemeinsam in der Wirtsstube und haben Tee getrunken.“

„Ja. Genau. Tee.“ Merrit machte ein prustendes Geräusch.

„Oh.“ Thore nickte wissend. „Idas norddeutsche Spezialität mit hohen Umdrehungen?“

„Schon“, gab ich zähneknirschend zu.

„Und?“

 

Bevor Thore mir ein zweites Mal das Schienbein verschrammen konnte, zog ich die Beine auf den Stuhl und schlang meine Arme darum. Das Kinn stützte ich auf den Knien ab. „Der Käufer kam gegen halb sieben“, fuhr ich betont gleichgültig fort. „Ich hatte seinen Welpen auf dem Schoß und wir kamen ins Gespräch. Schließlich wurde es spät, sodass er beschloss, erst am Morgen nach Hause zu fahren. Also hat er sich ein Zimmer bei Tante Ida genommen und wir haben noch ein bisschen gequatscht.“

„Aha. Und auf seinem Zimmer habt ihr dann weiter gequatscht.“

„Sozusagen.“

Meine beiden besten Freunde warfen sich vielsagende Blicke zu.

„War’s denn gut?“, wollte Thore wissen.

Merrit interessierte viel mehr, wann und ob ich ihn wiedersehen würde. „Wie heißt der Typ? Woher kommt er? Hast du seine Nummer?“

Ich schüttelte drei Mal den Kopf.

Thore lehnte sich nach vorn. „Wie? Du weißt nicht mal seinen Namen?“

„Er hat den Welpen für jemanden abgeholt.“

„Aber er wird Tante Ida doch seinen Namen genannt haben? Frag sie. Außerdem kann man über den Käufer herausfinden, wo er wohnt.“ Meine beste Freundin wurde ganz hektisch.

Ich tippte mir an die Stirn. „Bleib mal auf dem Teppich, Merrit.“

„Aber der Typ ist so heiß...“

„Das ist eine Herdplatte auch“, schnitt ich ihr harsch das Wort ab. „Und jetzt ist Schluss. Ich werde ihn sowieso nie wieder sehen. Außerdem ist mir das alles verdammt peinlich.“

Mitfühlendes Aufseufzen von Merrit.

„Wieso denn peinlich?“ Thore hielt mir schon wieder Spekulatius unter die Nase und konnte diesen Ansatz von Schamgefühl überhaupt nicht nachvollziehen.

„Weil Charlie normalerweise nicht der Typ ist, der sich volllaufen lässt und dann mit irgendeinem wildfremden Kerl ins Bett steigt. Das ist eher dein Ding, Thore.“

„Ey“, hob er sofort abwehrend beide Handflächen. „Ich steige ja wohl nicht mit wildfremden Kerlen ins Bett.“

„Mit wildfremden Weibern eben“, korrigierte sich Merrit maulig.

„Und was hältst du von solchen Frauen?“ Ein Denkanstoß, der mich selbst am allermeisten beschämte.

Thore sah plötzlich aus, als hätte er mit fiesen Blähungen zu kämpfen. Er streichelte mir über die Wange und nickte verständnisvoll. „Wir wissen doch, dass du nicht so eine Frau bist.“ Räuspernd fügte er hinzu: „Normalerweise schläfst du nach dem vierten Grog ein und vögelst in der Regel auch nicht mit Burschen, die noch grün hinter den Ohren sind.“

„Wie bitte?“, krümelte ich die Hälfte meines Spekulatius’ aus dem Mund.

„Merrit sagte, er sei erst zwanzig?“

„So ein Quatsch“, tippte ich mir wieder mit dem Finger gegen die Schläfe. „Er sagte, er sähe viel jünger aus als er ist.“

„Und wie alt ist er nun?“

Ich schob mir noch einen Keks zwischen die Zähne. „Dreißig. Und mir ist jetzt schlecht.“ Ich zog das Smartphone aus der Tasche und öffnete zögernd die Bildergalerie. Das letzte Foto war von gestern Abend – ein Selfie von meinem ziemlich heißen One-Night-Stand. Und mir. Mit einer einzigen Berührung des Zeigefingers löschte ich diese Nacht.

 

Rückblick, der [ˈrʏkblɪk] Substantiv, maskulin
(gedankliches Betrachten, Zurückverfolgen von Vergangenem)

 

Am Abend zuvor in Tante Idas Pension...

 

„Rum mut, Zucker kann, Water bruuk nich“, rezitierte Tante Ida einen uralten plattdeutschen Schnack, der so viel hieß wie Rum muss, Zucker kann, Wasser braucht nicht. So ganz genau nahm sie die Anleitung allerdings nicht. Für ihren Grog füllte Tante Ida zwei Teelöffel Zucker in ein Glas und löste ihn mit heißem Tee auf. Dazu gab sie großzügig Rum. „Auf dein Wohl, min Deern.“

„Um Kopp, an Kopp, in Kopp.“ Es war schon der vierte Grog heute Abend und allmählich stieg mir der Rum echt in den Kopf. Nicht, dass das nicht nach dem zweiten schon der Fall gewesen wäre.

Tante Ida – sie ist nicht wirklich meine Tante, sondern war die beste Freundin meiner verstorbenen Mutter, die mich nach ihrem Unfalltod bei sich aufgenommen hat – ignorierte mein Schnaufen und kraulte den schneeweißen Welpen in meinem Arm hinter den Ohren. „Ich mochte den Claus ja schon richtig gern“, erklärte sie mit Trauermiene.

„Du kannst ihn immer noch mögen, Tante Ida. Claus ist schließlich nicht tot.“

„Aber ihr seid nun geschieden. Und das kommt auf dasselbe raus.“

„Aha.“

„Aber er hat sowieso nicht zu dir gepasst, min Deern.“ Ida machte eine raumfassende Geste. „Claus war in den vergangenen Jahren nur noch mit seinem Job beschäftigt. Dich hat er doch gar nicht mehr wahrgenommen. Wann hatte er dir denn das letzte Mal einen Blick gegönnt? Voller Sehnsucht und Leidenschaft? Was du brauchst, Charleen, ist ein richtiges Mannsbild, das...“

„Ich brauche ganz sicher keinen Kerl, Tante Ida. Weder richtig noch falsch. Ich konzentriere mich jetzt auf meine neue Aufgabe.“

Tante Ida seufzte nachsichtig und tätschelte meine Hand. „Dieser Neuanfang wird dir sicher guttun, min Deern. Das hast du richtig gemacht.“

 

Das hoffte ich. Es war ja schließlich nicht so, als hätte ich mir diesen Weg ausgesucht. Um ehrlich zu sein, war ich recht zufrieden mit meinem Job im Kinderhort, dem Häuschen am Bremerhavener Stadtrand – und eigentlich auch mit meinem Ehemann. Der machte gerade in einer renommierten Modelagentur als Booker Karriere. Aber so richtig. In seinem Job sorgte er dafür, dass die Termine von Models mit Fotografen, Produktionsteams, Kunden und allen beteiligten Medien geplant wurden und reibungslos abliefen. Er erstellte, bearbeitete und verwaltete die Sedcards von hoch dotieren Models, vermittelte sie an potenzielle Kunden und organisierte Go & Sees. Claus agierte als erster Ansprechpartner für die bildschönen Frauen und Männer, was ihm unter anderem einiges an Sozialkompetenz abverlangte – und mir kosmische Gelassenheit.

Beides stellte keine Herausforderung dar. Seit mehr als einem Jahrzehnt schon lebten wir in stillem Einvernehmen miteinander nebeneinanderher. Bis zu jenem Nachmittag im Herbst vergangenen Jahres, als Claus meine Koffer vor die Tür stellte und erklärte: Tut mir leid, min Seuten. Aber du passt einfach nicht mehr in mein Leben. Da wünschte ich, mein Leben wäre mit Hintergrundmusik unterlegt. So wüsste ich wenigstens gleich, in welchem Schlamassel ich gerade stecke. Zu den größten Schnellmerkern vor dem Herrn gehörte ich nämlich leider nie.

 

Es ergab sich nun, dass wenige Tage nach meinem unfreiwilligen Auszug Tante Margarethe verstarb und mich als Nichte mütterlicherseits mangels breiterer Verwandtschaft und keiner übermäßigen Leidenschaft für Tiere, als Alleinerbin einsetzte. Vorbehaltlich einer Bedingung: Ich müsse im Norden alles hinter mir lassen und die bereits seit mehreren Jahren leerstehende Villa im südhessischen Darmstadt beziehen. Erst, und nur dann, würde ich tatsächlich erben. Die Villa und monatlichen Unterhalt. Lebenslang.

 

Nachdem Claus mich so völlig unerwartet vor die Tür und man mir tags darauf im Hort zudem eine waschechte Kackbratze vor die Nase gesetzt hatte, nahm ich in einem Moment grenzenloser Enttäuschung, Verzweiflung und Ratlosigkeit das verlockende Erbe als meine letzte große Chance wahr und schließlich dankend an. Ich bin fünfundvierzig und habe nicht mehr ewig Zeit.

 

„Da wäre dann Ihr kleines Mädchen.“

Ich war völlig in Gedanken – oder vielleicht schon vom Grog benebelt – und bemerkte gar nicht, dass Tante Ida irgendwann aufgestanden war und einen jungen Mann an unseren Tisch geführt hatte.

Der sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue grinsend an. Es war ein nettes Grinsen. Ein sexy Grinsen. „Ich habe zwar etwas anderes erwartet“, zwinkerte der Bursche. „Aber das gefällt mir auch gut.“

„Hä?“

Tante Ida schüttelte den Kopf und schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Entschuldigen Sie. Die Lütte ist manchmal etwas schwer von Begriff.“

„Bin ich gar nicht.“

„Bist du doch.“ Sie zog den Stuhl neben mir energisch zurück und bedeutete dem jungen Mann, sich zu setzen. Sofort.

Er parierte. Sofort. Und immer noch grinsend.

 

Ich starrte die schlanke Gestalt mit dem eckigen Kiefer und der aristokratischen Nase wortlos an. Trotz der feinen, beinahe zarten Gesichtszüge wirkte er unbestreitbar maskulin. Das schwarze halblange Haar fiel ihm in weichen Wellen auf die breiten Schultern. Unter gerade verlaufenden Brauen stachen winterblaue Augen hervor. Ein Kerl zum Zweimalhingucken.

 

„Weißt du eigentlich“, hörte ich mich zu meiner eigenen Überraschung plötzlich sagen, „dass du aussiehst wie...“

„Ja, das weiß ich.“ Er lächelte milde und seine Lippen formten ein Herz. „Aber du bist auch recht nett anzuschauen.“

„Recht nett“, wiederholte ich. Da hatte ich schon originellere Komplimente bekommen. Nicht übermäßig viele. Aber ab und an verirrte sich auch mal eins zu mir. „Meine Oma sagte früher: Deern, auch wenn du wie ein Leberwurstbrot aussiehst, es gibt da draußen immer jemanden, der dein Gürkchen sein will.“

Die eisigen Augen flammten auf und er warf lachend den Kopf in den Nacken. „Gürkchen?“

Tante Ida schob unauffällig zwei Grog über den Tisch und nickte aufmunternd.

Ich tippte mir an die Stirn.

„Kein Gürkchen?“ Der junge Mann hatte meine Geste offensichtlich missverstanden.

„Damit warst nicht du gemeint“, erklärte ich rasch.

„Mit Gürkchen? Oder mit...“ Er formte mit seinem schlanken Zeigefinger kleine Kreise neben der Schläfe.

„Beides.“

Seine ausgeprägten Kieferknochen mahlten. „Das finde ich jetzt aber schade. Obwohl du nun wirklich nicht wie ein Leberwurstbrot aussiehst“, fügte er augenzwinkernd hinzu.

Ich lehnte mich zur Seite und sah ihm fest in die eisigen Augen. „Meen Jung? Baggerst du gerade eine Frau an, die deine Mutter sein könnte?“

Er zog den linken Mundwinkel zu einem verschlagenen Grinsen nach oben und beugte sich ebenfalls zur Seite. Unsere Nasen waren nun nur noch eine Handbreit voneinander entfernt. „Oh, ich sehe viel jünger aus als ich bin.“

Ich seufzte bedauernd. „Schön. Ich nämlich auch.“

 

Der Welpe regte sich unter geräuschvollem Strecken und Gähnen. Das wollte ich zum Anlass nehmen, mich schleunigst aus dieser merkwürdig prickelnden Atmosphäre zu ziehen.

Doch da hatte ich die Rechnung ohne Tante Ida gemacht.

„Ist die Kleine endlich wach? Da gehe ich mal mit ihr nach draußen.“ Sie nahm den Hund aus meinem Arm und entfernte sich sofort wieder. „Übrigens“, rief sie auf dem Weg zur Tür, „euer Grog wird kalt, ihr Lütten.“

„Den solltest du nicht trinken, wenn du noch Auto fahren möchtest“, warnte ich vorsorglich.

Der vielleicht nicht mehr ganz so junge Mann legte den Kopf schräg und hob das Glas. „Nur heute nicht mehr? Oder grundsätzlich nicht? Macht der blind?“

Ich lachte kurz auf. „Du bist ‘ne Gurke.“

„Schön, zu hören.“

Schlagartig wurde mir die Mehrdeutigkeit meiner Worte bewusst, woraufhin meine Ohren zu glühen begannen.

„Vom Gürkchen zur Gurke“, setzte der Flirtkandidat nach. In seinen Augen blitzte der Schalk. „Das hat definitiv Potential.“

Ich boxte ihm spielerisch gegen den Oberarm. „Nun hör schon auf.“

Tat er aber nicht.

 

„Ihr Lütten? Sperrt ihr später ab?“ Tante Ida legte den Schlüssel auf den Tisch und deutete auf die große Wanduhr. Fünf vor zwölf. „Gute Nacht, ihr beiden. Und du, min Deern, zeigst dem Jungkeerl bitte nachher sein Zimmer, ja?“

Ich nickte eifrig und ließ mich von dem Jungkeerl vom Stuhl ziehen. Der legte gerade eine sensationelle Performance zu Olly Murs’ Wrapped up hin.

All these crazy thoughts in my mind now, there's just something about you...

Ich war beeindruckt, zunächst nur hin- und dann mitgerissen, und gab mir alle Mühe, dem äußerst talentierten Burschen zu zeigen, dass auch ich keinen Stock im Arsch hatte. Meine besten Discozeiten lagen jedoch schon eine ganze Weile zurück.

You got me wrapped up around your finger, I'd do anything for your love now...

 

Nach dreieinhalb Minuten war ich zwar noch nicht außer Atem, aber der Rum machte sich mit Nachdruck bemerkbar. „Puh.“

„Ho-hoppla.“ Mein Tanzpartner fing mich auf, als ich zur Seite wegzukippen drohte. „Geht’s wieder?“

„Selbstverständlich“, antwortete ich brüskiert und nahm Haltung an. „Und du darfst mich jetzt gerne loslassen.“

„Gut.“ Grinsend zog er mich näher an seine Brust.

„Hallo?“

„Ich darf“, erinnerte er an meine Worte. „Von müssen hast du nichts gesagt.“ Noch bevor ich korrigieren konnte, legte er einen Finger auf meine Lippen und neigte den Kopf. „Pschsch.“ Seine Nase stupste sachte gegen meine.

„Moment.“ Ich löste mich aus seinem Griff, trat ein paar Schritte zurück und schnappte nach Luft. „Was soll das hier bitte werden?“

Sein Gesichtsausdruck war die Entsprechung eines naseweisen Schulterzuckens.

Ich schüttelte den Kopf und räumte unsere Gläser vom Tisch. Dann schaltete ich das Radio und die Deckenbeleuchtung aus. Mit dem Zeigefinger winkte ich das Tanztalent herbei. „Ich zeige dir jetzt dein Zimmer und dann gehe ich nach Hause. Es ist schon spät.“

Er nickte schmunzelnd und folgte mir in den ersten Stock.

An der Tür stand er hinter mir – so dicht, dass ich seinen warmen Atem im Nacken spürte. In meinem Bauch bahnte sich ein wohliges Prickeln an.

Als das Schloss knackte, schob er die linke Hand geschmeidig an meiner Hüfte vorbei und drückte die Tür auf. „Bitte schön.“

Ich trat rasch ein. Das Prickeln schwoll allmählich zu einem aufgeregten Kribbeln an. „Hier findest du den Lichtschalter, das Badezimmer und...“

„Licht kann ausbleiben“, unterbrach er mich und war so nahe, dass meine Brust gegen seine stieß. Er legte eine Hand hinter mein Ohr und suchte meinen Blick.

Schiet di wat, schimpfte ich in Gedanken. Wann hatte mich ein Mann zuletzt so angesehen? So berührt? So unmissverständlich begehrt?

 

Was dann geschah, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Synapsenfasching.

 

Nach zwölf Jahren Enthaltsamkeit hatte ich beinahe vergessen, wie viel Spaß Sex machen konnte, ja, was guter Sex überhaupt war. Dank des Rums hatte ich ebenfalls vergessen, dass ich zwar im Kopf, aber schon lange nicht mehr im Körper einer Zwanzigjährigen steckte. Was meinem jungen Liebhaber aber sowieso piepegal zu sein schien.

Nahezu unersättlich und unermüdlich küsste und liebkoste er mich, jagte mich von einem Höhepunkt zum nächsten und schlief erst ein, als sich die ersten Herbstmorgensonnenstrahlen auf die Fensterbank legten.

Ich schälte mich vorsichtig aus seinem Arm, schlüpfte eilig in meine Kleidung und stahl mich unbemerkt aus seinem Zimmer.

Auf der Treppe begegnete ich Tante Ida. Sie musterte mich von oben bis unten.

„Ich kann das erklären“, krächzte ich und fragte mich im selben Moment: So? Wie denn?

Tante Ida winkte schmunzelnd ab. „Vertäl mee lever nix.“

Erzähle mir lieber nichts. War wohl auch besser so. Ich verabschiedete mich von ihr mit einer innigen Umarmung und eilte zurück in die WG meiner besten Freunde Merrit und Thore, in der ich vor dreizehn Monaten untergekommen war.

 

 

KAPITEL eins

 

Vier Wochen später...

 

Im Flur werfe ich rasch einen Blick in den fast deckenhohen Spiegel.

 

Darin sehe ich eine Frau mit freundlichen schokobraunen Augen, die sehr viel jünger wirkt als sie tatsächlich ist. Ob das nun an den vereinzelten rosa, hellblau und kiwigrünen Strähnen im langen aschblonden Haar liegt, das sie in der Regel zu einem gewünscht nachlässigen Knoten bindet? Oder an dem bevorzugt lässigen Kleidungsstil, wie Vintagejeans und Oversizeshirts? Womöglich vermutet man auch nur jugendlichen Leichtsinn hinter den Full Sleeve Tattoos?

Letzteres war sicherlich ausschlaggebend für die Absage einer Mutter, die ihre ausgeprägte konservative Ader offenkundig darbot. Eine Tagesmutter von solchem Erscheinungsbild – mit bunten Haaren und vollständig tätowierten Armen? Ach? Geschieden auch noch? Und selbst keine Kinder? Kopfschütteln. Naserümpfen. Verabschieden. Danke.

 

Ich hole tief Luft und öffne die Tür.

 

„Charleen Liebkind? Guten Morgen.“ Eine weniger ordinäre Version von Miley Cyrus lächelt mich einnehmend an. „Ich bin Nina Edel. Und das ist Josephine.“

„Guten Morgen“, schüttele ich ihre zarte Hand, bedenke den Säugling mit einem freundlichen Blick und bitte die beiden herein. „Schauen Sie sich ruhig um.“

Mit ausgestreckten Armen bedeute ich der jungen Mutter, ihr Josephine abzunehmen, damit sie den Mantel ablegen und die Stiefel ausziehen kann.

„Charleen? Können wir vielleicht du sagen“, fragt Nina und schielt in den ersten Raum.

„Gerne. Aber dann sag bitte Charlie zu mir. Charleen sagt kein Mensch.“

Nina strahlt. „Okay. Charlie.“

Ich trete neben sie. „Hier ist das Spielzimmer. Die Möbel sind aus ungiftigem und solidem Material, sauber verarbeitet mit gutsitzenden und versteckten Schrauben“, erkläre ich. „Ich lege großen Wert darauf, dass die Kinder sehr viel Platz zum Spielen haben. Frühkindliche Förderung liegt mir am Herzen, aber ich vermeide Reizüberflutung. Die Krabbelkinder sollen lieber mit Bauklötzen oder auch einfach mit Töpfen und Kochlöffel spielen können, als den ganzen Tag lang mit sprechenden Büchern oder bunt blinkendem Fuhrwerk konfrontiert zu werden.“

„Aha“, macht Nina und es ist ihr deutlich ansehen, dass sie gedanklich noch gar nicht so weit ist.

„Ich bin mit den Kindern so oft wie möglich im Freien“, führe ich weiter aus und Nina in das nächste Zimmer. „Ich habe einen Garten und mache außerdem gerne Ausflüge. Hier“, lasse ich sie eintreten, „ist der Schlaf- und Ruheraum für die Kinder.“

„Und wie viele Kinder betreust du?“

„Zwei, ab ersten Dezember. Marie Joana ist vierundzwanzig und Mowgli vierzehn Monate alt.“

„Drei“, korrigiert Nina. „Mit Josephine.“

„So?“

„Ja... ähm...“ Ihr kippt das Lächeln aus dem Gesicht. „Falls du auch möchtest?“

Josephine gluckst und hangelt nach einer Handsträhne, die sich aus meinem Zopf gelöst hat. „Ich freue mich, dass du mir deine Tochter anvertraust.“

Nina atmet erleichtert auf.

„Und jetzt“, bitte ich sie mit einer höflichen Geste aus dem Zimmer, „gehen wir in die Küche. Dort können wir die Details besprechen. Und außerdem habe ich ein kleines Frühstück für uns vorbereitet.“

 

„Toll, dass du so flexibel bist, Charlie.“ Drei unterhaltsame Stunden später schlüpft Nina in Stiefel und Mantel. „Und danke, dass du dir jetzt noch die Zeit nimmst, mit mir zum Salon und ins Studio zu fahren.“

„Überhaupt kein Problem“, winke ich ab und halte meinen Blick weiter auf die vier Monate alte Josephine gerichtet, die in meinem Arm brabbelt und freudig gluckst. „Im Moment habe ich mich ja nur um mich selbst zu kümmern.“

 

Wir steuern zunächst den Frisörsalon Schnitte im Darmstädter Paulusviertel an, in dem Nina künftig dienstags und donnerstags ihre Ausbildung absolvieren wird. An den anderen Tagen ist sie entweder in der Berufsschule oder im Salon ihres großen Bruders, der die Ausbildung für den kosmetischen Bereich übernimmt.

 

Ohne auszusteigen, fahren wir direkt weiter zu einem Tattoostudio. Die Nadel ist mir durchaus ein Begriff, allerdings nur in Zusammenhang mit Köln. Sam, ehemaliger Erzieher in Hamburg und der Inker, dem ich vor Jahren meine Haut anvertraut habe, hat dort sein Handwerk von und bei jemandem erlernt, den man angeblich in aller Welt unter dem Namen Joe, die Nadel kennt.

 

„Hallo-hooo“, flötet Nina und wirft sich kurz darauf einem obszön gutaussehenden Mann, den ich auf Ende vierzig schätze, an den Hals.

Dieser packt sie mit seinen vollständig tätowierten Händen an der Taille und hebt sie auf den Tresen. „Nina? Wo hast du meine Prinzessin gelassen?“

Kaum ist seine Stimme in ihre Ohren gedrungen, fliegen Josephines Augen schon suchend durchs Studio und sie wird zunehmend unruhig in meinem Arm. Ich gehe langsam auf Nina und den Adonis zu.

„Joe? Darf ich vorstellen? Das ist Charlie, die Tagesmutter.“

Ich reiche dem Mann die Hand und lege den Kopf schräg. „Joe? Joe, die Nadel?“

Er nickt und begutachtet bemüht unauffällig den Teil meiner Tätowierung, der unter meinem Ärmel hervorschaut. „Genau der.“

Ich halte seine Hand länger als nötig und teile ihm mit einer entsprechenden Kopfbewegung mit: „Das ist von Sam...“

Mehr muss ich gar nicht sagen. Nicht mal einen Nachnamen. In seinen eisblauen Augen blitzt eine Spur des Erkennens auf. „Wusste ich’s doch. Wie geht es Sam?“

Ich zucke mit den Schultern. „Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen.“

Josephine wird noch unruhiger. Ihre kleinen Hände werfen sich dem großen, schwarzhaarigen Mann entgegen.

Nina stöhnt. „Immer dasselbe. Die beiden lieben sich. Wahrscheinlich“, fügt sie zur Erklärung hinzu, „weil Joe bei ihrer Geburt dabei war.“

„Ohne umzukippen?“

„Selbstverständlich“, brummt Joe konsterniert und nimmt mir den Säugling aus dem Arm. An meinem Ohr flüstert er: „Unter uns: Ich stand kurz davor, schreiend wegzurennen.“

Ich kräusele schmunzelnd die Nase.

 

„Joe ist einer von denen, die Josephine abholen werden, wenn ich mal nicht kann“, sagt Nina und schaut sich suchend um. „Wo ist Elias?“

„Tätowiert gerade in der Zwei“, antwortet Joe abwesend und küsst dem Säugling zärtlich die Nase.

„Mist“, schmollt Nina. „Ich wollte ihm kurz Hallo sagen.“

Joe stöhnt genervt auf. „Evan ist gerade drin.“

„Evan? Oh, da kann ich bestimmt...“

„Halt, mein Fräulein.“ Er wirft ihr einen missbilligenden Blick zu. „Der lässt sich gerade den Satz des Pythagoras aufs Gemächt tätowieren.“

„Waaas?“, kreischt Nina und reißt die Augen auf.

„Kleiner Scherz“, zwinkert Joe im Vorbeigehen und öffnet die Tür von Raum Zwei einen spaltbreit. „Evan? Die Nervensäge möchte Elias kurz Hallo sagen.“

Ich nehme gedämpft Stimmen wahr und stutze plötzlich. Eine davon kommt mir merkwürdig bekannt vor.

„Nervensäge“, mault Nina beleidigt und schiebt sich an Joe vorbei in den Raum.

Er schließt die Tür hinter ihr und kommt mit Josephine im Arm auf mich zu geschlendert. „Darf ich dir einen Kaffee anbieten, Charlie? Du ist doch okay?“

„Klar“, antworte ich und bin mir durchaus bewusst, dass er mich genauestens unter die Lupe nehmen wird. „Und Kaffee wäre gut. Ich nehme die Kleine so lange.“

„Hmhm.“

Mit Argusaugen beobachtet er, wie ich Josephine aus der dicken Jacke befreie und ihr die Mütze abnehme. Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen, wuschele der Kleinen das Haar auf und setze sie mir auf die Hüfte.

„Wie lange machst du den Job als Tagesmutter schon?“, fragt Joe wie beiläufig.

„Ich fange in zwei Wochen damit an.“ Ich kann sehen, wie er zusammenzuckt. „Joe? Ich bin ausgebildete Erzieherin und habe siebenundzwanzig Jahre in einem Kinderhort gearbeitet.“

„Siebenundzwanzig Jahre?“ Er reicht mir mit gerunzelter Stirn eine Tasse Kaffee.

„Möchtest du vielleicht meine Referenzen sehen? Ich bin fünfundvierzig, Joe. Soll ich dir meinen Personalausweis zeigen?“

Er seufzt. „Entschuldigung, Charlie. Aber die Kleine...“

„Du brauchst dich für überhaupt nichts entschuldigen“, beruhige ich ihn lächelnd. „Ich würde nicht anders handeln und reagieren. Und ich kann sehr gut verstehen, dass dir der kleine Engel so ans Herz gewachsen ist.“

 

„Meine Tochter“, nörgelt eine sichtlich gereizte Nina, „ist genau so wenig ein Engel wie dein Sohn, Hunter.“

Joe schüttelt den Kopf. „Liebe Nina“, sagt er leise, doch deutlich genug, dass ich jedes Wort verstehen kann. Seine Kieferknochen mahlen. „Du weißt, dass du mit dem Feuer spielst. Hör auf damit. Wenn Alex...“

„Ich mache doch gar nichts!“

„Tust du sehr wohl“, zischt er und baut sich vor ihr auf.

Das würde selbst mich beeindrucken.

Nina schmollt und wendet sich an mich. „Wollen wir gehen, Charlie? Joe kennst du ja jetzt.“

Ich nicke, werfe einen bedauernden Blick auf meinen Kaffee und ziehe Josephine wieder an. In Familienstreitigkeiten möchte ich lieber nicht involviert sein.

Joe gibt dem Säugling einen Abschiedskuss auf die Stirn und mir ein Schulterklopfen. „Bis demnächst also, Charlie.“

„Bis demnächst, Joe.“

 

 

KAPITEL zwei

 

„Min Deern“, lege ich am frühen Donnerstagabend meiner besten Freundin vor ihrer großen Berlinreise via Skype ans Herz, „wenn dir ein wunderschöner Mann mit glänzenden Augen, feuchten Lippen und bebendem, heißen Körper begegnet, lass die Finger von ihm. Der hat Grippe.“

Merrit kneift lachend die Augen zusammen. „Ich werde darauf achten“, verspricht sie.

„Letztendlich kommt mein Mädchen doch immer wieder zu mir zurück.“ Thore schiebt sich grinsend ins Bild und an Merrits Platz.

„Natürlich tut sie das“, erwidere ich. „Sie wohnt ja bei dir.“

„Weib“, schnauft Thore augenzwinkernd. „Du verdirbst aber auch alles.“

Ich warte einen Moment, bis ich Merrit außer Hörweite wähne. „Oh, ich denke, das machst du schon ganz allein, Thore.“

Er schaut sich nervös um. „Wie meinst du das? Halt! Ich glaube, ich will es überhaupt nicht hören, oder?“

„Wer versucht, sich immer alle Türen offen zu halten“, antworte ich und schaffe damit Raum für seine eigene Interpretation, „wird sein Leben auf dem Flur verbringen. Denk mal darüber nach, Thore.“

Merrit kommt wieder ins Bild und wirft mir eine Kusshand zu. „Ich muss leider los, Charlie. Mein Zug wartet nicht.“ Sie klopft Thore mit einem Regenschirm auf den Kopf. „Beeile dich. Du musst mich zum Bahnhof fahren.“

 

Eigentlich doch das perfekte Paar, denke ich und lehne mich grinsend zurück. Ein Blick auf die Uhr lässt mich sofort wieder hochschrecken. Ich habe Nina versprochen, sie im Salon abzuholen und mit ihr ins Sechsundsiebzig zu fahren, um Josephines Papa und Oma kennen zu lernen. Oder sie mich.

 

Ich schlüpfe eilig in kniehohe Boots und Parka, schnappe Schlüsselbund und Handtasche und parke keine zehn Minuten später vor der Schnitte.

Rechts neben mir kommt unter lautem Geknatter ein stahlgrauer Chopper zum Stehen. Und das Ende November! Ich staune nicht schlecht. Der glückliche Besitzer – von beidem gehe ich nicht ganz neidlos aus – schlendert in die Schnitte.

Ich habe zwar die nötige Führerscheinklasse, mein Motorrad aber vor achtzehn Jahren gegen einen Kleinwagen getauscht. Jetzt, geht es mir spontan durch den Kopf, könnte ich mir ein Bike wieder und sogar zusätzlich zu meinem Minivan leisten.

Gedankenverloren betrete ich die Schnitte und sehe, wie der Chopperfahrer im hinteren, wohl privaten Bereich des Salons verschwindet, in dem sogleich ein glockenhelles Lachen erklingt. Kurz darauf kommt mir ein fescher Rotschopf aus jenem Nebenraum entgegen. „Guten Tag. Ich bin Greta. Was kann ich für Sie tun?“

Ah! Die Chefin. Lächelnd reiche ich ihr die Hand. „Moin. Ich bin Charlie. Nina sagte mir, ich könne sie hier abholen.“

„Charlie? Die Tagesmutter?“ Sie ergreift meine Hand und drückt sie. „Schön, Sie kennenzulernen. Ich sage Nina gleich Bescheid, dass Sie hier sind. Evan?“

Aus dem Nebenraum antwortet jemand mit einen tiefen, beinahe schon knurrenden „Hm?“

„Könntest du bitte mal Nina rufen?“

„Niiinaaa“, feixt die Stimme.

Greta rollt mit den Augen. „Sie hängt schon wieder bei Elias rum. Rufe doch bitte mal nach oben, dass Charlie hier ist, ja?“

Ich höre, wie sich jemand – vermutlich der Fahrer des Choppers – von einem Tisch oder Tresen abstößt und aus dem Raum tritt und bin neugierig, wie die Stimme aussieht. Allerdings wird meine Aufmerksamkeit abrupt in eine ganz andere Richtung gelenkt: Die Salontür öffnet sich und ein großer, blonder Mann tritt ein. Er hat eine Welpenleine in der einen und eine schneeweise Hündin mit einem markanten schwarzen Ring um das linke Auge in der anderen Hand.

Ich schnappe nach Luft. „Lotti?“

„Eigentlich Gregor“, sagt der Mann samtig. „Und wer sind Sie?“

„Äh... Ch-cha-charlie“, stottere ich verdutzt.

„Ch-cha-charlie klingt nett.“ Der Blonde zwinkert mir charmant zu und setzt die Französische Bulldogge, die unverkennbar aus der Zucht von Tante Ida stammt, zu meinen Füßen ab.

„Ja“, erwidere ich abwesend und gehe in die Hocke, um Lotti zu streicheln.

Gregor tut es mir gleich. Er hat übrigens die frühlingswiesengrünen Augen wie Greta. Zwar ohne die in Gold und Silber schimmernden Sprenkel auf der Iris, aber dennoch von beinahe mystischer Ausdruckskraft. Wohl deshalb muss ich spontan an Thor, den Donnergott denken. Von der Augenfarbe mal abgesehen, gleicht Gregor dem Filmdarsteller Chris Hemsworth tatsächlich bis aufs Haar.

 

Der Chopperfahrer schiebt sich an uns vorbei. Ich sehe nur seine Beine und höre, wie er Greta küsst. Wohin auch immer.

„Die Kleine weiß Bescheid. Kommt sofort. Denke ich.“ 

Meine Nackenhaare stellen sich auf. Dieser tiefe Bariton ist wie eine körperliche Empfindung auf meiner Haut. Wie das raue Fell eines Wolfs streicht er über meine Nervenenden, begleitet von einem unterschwelligen Knurren, das in meinem Nacken vibriert.

„Haben wir einen Termin?“ Gregor lenkt mich schon wieder ab.

Ich mag nicht unhöflich sein, nur um meine unerklärliche Neugier auf den Unbekannten mit der Wolfsstimme zu stillen. „Wir nicht, nein.“

„Hm. Schade.“ Gregor schenkt mir ein einnehmendes Lächeln. „Ch-cha-charlie.“ Wie zufällig streift er meine Hand, als ich Lottis Brust kraule.

Greta geht ebenfalls in die Hocke und schiebt ihren Kopf in Gregors Blickfeld. „Charlie ist Josephines Tagesmutter“, erklärt sie so bedächtig, als wäre er ein Idiot. „Sie möchte Nina abholen.“

 

Besagte kommt zwei Sekunden später schliddernd vor uns zum Stehen. „Da bin ich“, japst sie völlig außer Atem. „‘tschuldigung.“

Letzteres war vermutlich an mich gerichtet, weshalb ich nachsichtig mit den Schultern zucke. „Kein Problem. Ich habe noch keine Falten bekommen.“

Gregor richtet sich auf und verabschiedet Nina mit einem Wangenkuss.

„Grüße deinen Alexander von mir.“ Gretas Ton verrät mir, dass hier irgendetwas so rund läuft wie ein Dreieck.

Dass ich damit gar nicht mal falsch liege, macht Ninas schuldbewusste Miene deutlich.

 

Zwanzig Minuten später...

 

Der hoch gewachsene Mann Ende zwanzig erinnert mit seinem kahl geschorenen Kopf, dem Dreitagebart und der Statur eines Personaltrainers an eine gelungene Mischung aus Vin Diesel und Dwayne 'The Rock' Johnson. Er kommt sofort hinter dem Tresen hervor, als Nina und ich das Sechsundsiebzig betreten.

 

Das Sechsundsiebzig war ursprünglich ein Kaufhaus – mit großer Glasfront, einem Lager, Aufenthaltsraum und Büro. Nils, der Besitzer und ältester Bruder von Nina, schloss eine Marktlücke, indem er den alten Laden renoviert und so umgebaut hat, dass sich nun in vorderster Front ein Café mit Bar befindet, während der Lagerraum zum Frisörsalon und der Aufenthaltsraum zu einem Kosmetikstudio umgestaltet wurde.

„Hallo Charlie. Ich bin Alex. Josephines Papa.“ Der offene Blick aus schokoladenbraunen Augen ruht auf meinem Gesicht. „Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, heute hierher zu kommen.“

„Keine Ursache“, erwidere ich das Lächeln und drücke seine warme Hand.

„Na, Prinzessin?“ Die Begrüßung zwischen Nina und Alex hingegen fällt deutlich kühler aus. „Wie geht es Elias?“

„Gut, nehme ich an.“ Nina legt ihren Mantel ab und hängt ihn über einen Barhocker.

„Nimmst du an?“ Alex macht ein zweifelndes Gesicht. „Du willst mir tatsächlich erzählen, du hast Elias heute noch nicht besucht?“

„Ich habe kurz Hallo gesagt“, keift sie. „Fängst du schon wieder an? Deine blöde Eifersucht geht mir wirklich auf den Geist!“

Ich mache räuspernd darauf aufmerksam, dass neben mir noch andere Gäste Zeuge des sich anbahnenden Beziehungsstreits werden.

Alex schüttelt resigniert den Kopf und wendet sich mit einem verkniffenen Lächeln wieder mir zu. „Mum wird auch gleich hier sein. Was darf ich dir denn zu Trinken anbieten? Kaffee? Tee? Espresso? Latte Macchiato? Oder...“

„Ein Pfefferminztee wäre prima. Danke“, unterbreche ich ihn höflich und nehme auf einem der Barhocker Platz.

Derweil verschwindet Nina mit geschürzten Lippen im Beautybereich des Sechsundsiebzig und kommt wenig später mit einem David Beckham Double zurück.

„Guten Tag, Charlie.“ Er reicht mir die Hand. „Ich bin Nils. Ninas großer Bruder und seit drei Monaten Ehemann von Josephines Oma.“ Stolz klingt unüberhörbar in seiner Stimme mit und ich bin gerührt.

„Moin Nils. Schön, den Rest der Familie ebenfalls kennenzulernen“, sage ich und meine es auch so.

„Oh.“ Er verdreht die Augen und lacht herzlich. „Noch lange nicht. Die ist nämlich ziemlich groß, musst du wissen.“

„Musst aber nicht alle kennen“, fügt Nina mit einem Sauermilchgesicht hinzu und fängt sich dafür einen rügenden Blick vom großen Bruder ein.

 

Alex stellt das dampfende Teeglas vor mir ab und schiebt einen Teller Kekse hinterher. Es sind Spekulatius. Ich denke wehmütig an Thore und Merrit und meine Nordsee.

„Stimmt etwas mit dem Tee nicht? Du wolltest doch Pfefferminz?“ Er legt den Kopf schräg.

„Sieht mir eher nach Heimweh aus“, tippt Nils ins Blaue hinein. „Jedenfalls schaut meine Fee so, wenn sie an Köln denkt. Und den Dom.“

„Stimmt“, fasst Alex sich an die Stirn. „Du kommst aus Bremen, nicht wahr?“

„So hörst du mir zu“, zischt Nina ihm ins Ohr. „Das hatte ich dir gesagt.“

„Bremerhaven“, korrigiere ich und tue, als hätte ich nichts gehört. „Das ist nur etwa sechzig Autokilometer von Bremen entfernt.“

„Nordlicht ist Nordlicht.“

„Jo.“

„Jo?“ Alex schmunzelt. Schaut viel besser aus als das nachdenkliche Gesicht, das er die ganze Zeit schon macht.

„Jo“, bestätige ich und füge erklärend hinzu: „Im norddeutschen Raum ist das ein ganzer Satz, mit Subjekt, Prädikat und Objekt.“

Er wirft lachend den Kopf in den Nacken. „Du gefällst mir.“

„Da habe ich aber noch mal Glück gehabt“, erwidere ich augenzwinkernd.

 

Sein Gesicht hellt sich noch mehr auf, als eine mollige Frau mit wilden Locken, freundlichem Gesicht und einer sehr ausgeprägten Irisheterochromie - so bezeichnet man die Verschiedenheit beider Regenbogenhäute durch eine Störung der Pigmentierung; ihre rechte Iris ist taubenblau, die linke olivgrün – das Sechsundsiebzig betritt. Aus dem Kinderwagen vor ihr strahlt uns die rotnasige Josephine an.

„Das ist Fee“, beugt Alexander sich über den Tresen dicht an mein Ohr. „Meine Mum.“

Ich rutsche vom Barhocker, um sie zu begrüßen.

Während Fee aus ihrem Mantel schlüpft und anschließend mit ausgestreckter Hand auf mich zukommt, kann ich Nina hinter meinem Rücken keifen hören.

„Baggerst du gerade die Nanny an?“

„Du spinnst ja.“ Alexander sagt das überraschend ruhig.

„Wieso? Fünfundvierzig Jahre. Hübsch. Ist doch genau dein Beuteschema.“ Offensichtlich möchte Nina ihn provozieren.

Gelingt ihr allerdings nicht. „Wieso?“, wiederholt Alex. „Weil sie unsere Nanny ist. Und weil ich nur dich liebe. Auch wenn du es mir gerade ziemlich schwer machst, Prinzessin.“

Zugegeben, ich habe gelauscht. So konzentriert, dass ich beinahe erschrecke, als Fee direkt vor mir steht und mit den Augen rollt.

„Sie streiten schon wieder“, seufzt sie betrübt und drückt meine Hand fester. „Entschuldigen Sie, dass Sie das gleich mitbekommen müssen.“

Ich winke ab. „Um ehrlich zu sein, bin ich recht froh, wenn ich das soziale Umfeld meiner Tageskinder ungefähr kenne. Es wäre ganz schlecht, wenn ein Elternpaar mir die heile Welt vorgaukelt und ich mich nachher wundern muss, warum der Sohn oder die Tochter plötzlich auffällig wird.“

Fee nickt zustimmend und hebt Josephine aus dem Kinderwagen. „Nina ist eben noch sehr jung und ich glaube...“ Sie zögert und dreht sich zu mir um. „Wollen wir nicht du sagen?“

„Gerne.“

Nachdem Alexander augenscheinlich eine Nachricht bekommen hat, die ihm nicht besonders gut gefällt, pfeffert er das Smartphone neben den Kaffeevollautomaten. Leise fluchend kommt er um den Tresen und begrüßt Fee mit Wangenkuss, bevor er Josephine aus ihren Armen pflückt. „Hallo mein kleiner Engel“, haucht er zärtlich und küsst ihre Stirn.

 

„Ging es wieder um...“ Ein stummes Kopfschütteln von Alex reicht, um Fee zum Schweigen zu bringen.

Etwas beklommen wende ich mich ab und nippe an meinem Tee. Es reicht vorerst, zu wissen, dass die Harmonie in der Beziehung Edel/Ander gerade etwas überstrapaziert ist.

„Elias kommt nach meiner Schicht vorbei.“ Alex reibt sich angespannt die Stirn. „Er möchte mit mir reden.“

Fee schluckt hörbar. „Kommt Joe auch?“

„Mum“, antwortet er und übergibt ihr Josephine. „Das ist eine Sache zwischen mir und Elias. Und Nina.“

Fee seufzt und gibt Josephine an mich weiter. „Joe könnte vielleicht auf Elias einwirken.“

„Das Problem“, erwidert Alex mit einer deutlich in seinem Ego verletzten Miene, „ist nicht Elias. Das geht allein von Nina aus.“

„Bist du dir da sicher? Ich meine, ich mag Elias. Aber...“

„Sweetie?“ Nils kommt gerade um die Ecke, schlingt seine Arme um Fees üppige Hüfte und küsst sinnlich ihren Hals. „Wir reden hier von Prinzessin Nina. Ich glaube, dem ist nicht sehr viel hinzuzufügen, oder?“

„Hm.“

„Genau.“ Alex schaut auf. Eine Handvoll Gäste betritt das Sechsundsiebzig. Er drückt seiner Tochter noch einen Kuss auf die Stirn und verabschiedet sich hinter den Tresen.

 

Fee und ich nutzen die Zeit für eine ausgedehnte Unterhaltung, während Nina und Nils im Beautybereich wie allabendlich noch eine Stunde Praxis und Theorie pauken.

„Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole, Charlie. Aber du bist wirklich ein Glücksfall für uns.“ Sie streichelt Josephine, die in meinem Arm eingeschlafen ist, sanft den Rücken.

„Oh, das will ich hoffen“, antworte ich erfreut und werfe einen Blick auf die große Uhr über der Bar. „Und ich bin echt glücklich, dass ich Josephine betreuen darf. Ich habe die Kleine jetzt schon richtig ins Herz geschlossen.“

„Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.“

„Hmhm. Allerdings trägt sie Windeln. Ich nicht.“

Fee lacht. So herzlich und erfrischend, dass mir ganz warm ums Herz wird. Aber auch um die Büx, wenn ich nicht bald...

„Die Toiletten sind dort hinten.“

„Vielen Dank. Und dann“, füge ich eilig hinzu und übergebe ihr behutsam die schlummernde Josephine, „mache ich mich aber auf den Heimweg.“

Als ich zurückkomme, schnallt Fee ihre Enkelin gerade in einer Babyschale an.

„Wir gehen jetzt auch“, sagt sie und drückt mich herzlich. „Danke, dass du heute Abend hier warst und wir dich schon kennenlernen konnten.“

„Ganz meinerseits, Fee.“ Ich nicke ihr lächelnd zu und schaue mich nach Nina und Alex um, damit ich mich auch von ihnen verabschieden kann.

Fee räuspert sich peinlich berührt. „Nina sitzt schon im Auto und schmollt. Alexander ist mit Elias im Büro.“

„Ach, so.“ Ich gebe Nils die Hand und mache mich nach einem aufschlussreichen Nachmittag endlich wieder auf den Weg nach Hause.

 

Mein neues Zuhause.

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